Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen am Samstagvormittag ist der Flohmarkt-Besuch. An vielen Ständen werden die unterschiedlichsten Waren angeboten. Schlichte Vasen aus Glas oder Ton, ein alter Holzhocker mit rostrotem Stoffbezug, ein blau-weiß verziertes Geschirrservice.
Das alles in einer entspannten Atmosphäre. Und während es irgendwie immer gelingt, zwischen all dem Krimskrams ganz besondere Fundstücke zu entdecken, macht es mindestens genauso viel Freude, einfach nur herumzuschauen.
Es gibt kaum einen anderen Ort, an dem so viele verschiedene Waren aus unterschiedlichen Regionen und Epochen versammelt sind. Hier kann man die Entwicklung im Geschmack und im Stilempfinden der Menschen direkt erfahren. Möbelstücke haben sich über die Jahre hinweg sehr verändert. Form und Design, aber auch das Herstellungsmaterial entwickelten sich weiter. Einige Möbelstücke von Früher nutzen wir mittlerweile gar nicht mehr. Andere jedoch wurden der Zeit entsprechend angepasst, wieder andere erleben plötzlich einen neuen Aufschwung.
Schön auf Flohmärkten ist außerdem, dass die Händler direkt befragt werden können. Sie weisen meist ein beeindruckendes Fachwissen auf. Erzählen, wo die Möbelstücke herkommen, wofür sie verwendet wurden, was das Besondere an ihnen ist. Durch das ein oder andere Flohmarkt-Gespräch wurde praktischerweise auch mein Wissen erweitert. Und so kann ich euch heute mitnehmen, auf eine spannende Reise durch die Möbelgeschichte.
Die Truhe
Beim Gedanke an eine Truhe entsteht in meinem Kopf eine direkte Assoziation zum Mittelalter. Und diese hat durchaus ihre Berechtigung. Die Truhe ist tatsächlich eines der ältesten Möbelstücke überhaupt. Noch in der Epoche des Barock galt sie als das wichtigste und somit auch meist gefertigte Möbelstück. Warum? Weil sie praktisch ist. Kleidung, Vorräte, Nahrung, persönliche Besitztümer – all das wurde in Truhen verstaut, die gerne auch mit Ornamenten verziert waren.
Als in der Renaissance die Kleider der Menschen immer prächtiger und voluminöser wurden, bedurfte es eines passenden Aufbewahrungsortes, die Kleider sollten aufgehängt werden. Der herkömmliche Kleiderschrank mit zwei Türen wurde erfunden und löste die Truhe schließlich ab.
Und heute?
Auch wenn sie längst nicht mehr so präsent in unserer Einrichtung ist, besitzen doch einige Menschen noch oder wieder eine Truhe. Ihre praktische Funktion hat sie sich bis heute bewahrt. Truhen bieten Stauraum für allerlei: ob Wäsche, Spielzeug oder persönliche Aufbewahrungsstücke.
Verändert hat sich allerdings das Design. Prunkvoll verzierte Truhen finden wir heute nur noch auf dem Flohmarkt. Die Formen unserer Zeit folgen schlichten, klaren Designs. Besonders beliebt sind heute beispielsweise Sitzbänke mit integrierter Truhe. Diese Möbelstücke vereinen die Aspekte Stauraum und Funktionalität in sich.
Der Tisch
Lange Zeit wurden Tische nur temporär zu den Mahlzeiten aufgebaut. Diese Tisch-Konstruktionen bestanden aus zwei Böcken und einer Holzplatte. Nach dem Essen wurde „die Tafel wieder aufgehoben“ – daher die Redewendung. Erst Anfang des 18. Jahrhunderts entwickelte sich die Tradition, Tische als eigenständige Möbelstücke zu fertigen.
Aufgrund seiner Funktionalität, blieb es nicht lange bei der Herstellung reiner Esstischen. Bereits 50 Jahre später wurden die ersten Schreibtische hergestellt. Typischerweise mit einem oder mehreren Schubfächern an der Vorderseite, boten diese gezielt Platz zum Verfassen von Briefen.
Auch der Frisier- oder Toilettentisch fand nur kurze Zeit später Einzug in die Einrichtung wohlhabender Kreise. Mit seinen vielen kleinen Schubladen und Geheimfächern, sowie dem integrierten Spiegel, war der Toilettentisch ein sehr persönliches Möbelstück. Schmuck, Parfumflacons, geheime Briefe, wer weiß, was so ein Tisch alles beinhaltet. Es war ein Möbelstück, ausschließlich für Frauen konzipiert, in einer Welt, die Männer dominierten.
Und heute?
Esstische sind, genau wie Schreibtische, aus unserem heutigen Leben einfach nicht mehr wegzudenken. Das Design hat sich mit der Zeit weiterentwickelt. Schlichte, klare Formen sind sehr gefragt. Manchmal gelingt es, das neue Stilempfinden mit traditionellen Elementen zu verbinden. So entstehen elegante Neuinterpretationen, die einen ganz besonderen Charme mit sich bringen. Ein schönes Beispiel ist der Schreibtisch POET DESK des dänischen Designers Nordic Tales.
Der Toilettentisch hingegen wurde Mitte des 20. Jahrhunderts von dem heutigen Badezimmer abgelöst und ist so fast vollständig aus unserer Einrichtung verschwunden. Aber auch hier gibt es Designer, die sich an eine Neuinterpretation wagen. Besonders praktisch ist es, wenn Tische gleich mehrere Nutzen aufweisen. So könnt ihr den schmalen Konsolentisch GEORG von Skagerak zum einen als minimalistischen Schreibtisch nutzen. Und in Kombination mit einem Spiegel entsteht zum anderen ein schlichter Schminktisch. Angelehnt an den historischen Frisiertisch hält der GEORG CONSOLE TABLE bei Bedarf sogar eine Schublade bereit. Gleiches gilt für den Konsolentisch SKINNY OAK von take me HOME, den ihr zudem als stilvolle Ablage im Eingangsbereich verwenden könnt.
Die Garderobe
Der Begriff Garderobe setzt sich aus den französischen Worten „garder“ und „robe“ zusammen, was sich wörtlich mit „Kleideraufbewahrung“ übersetzen lässt. Seit dem 17. Jahrhundert auch im Deutschen verwendet, gibt das Wort Garderobe selbst noch keine Auskunft über das Ausmaß des Möbelstückes. Und so kommt es, dass – je nach Vermögen – mit einer Garderobe unterschiedlich umfangreiche Ausführungen einer Kleideraufbewahrung bezeichnet wurden.
In wohlhabenderen Kreisen war mit Garderobe häufig ein vollständiges Zimmer gemeint. Hier wurden die prächtigen, wertvollen Kleidungsstücke ordentlich und sicher aufbewahrt. Ärmere Menschen hingegen hatten weder das nötige Geld, noch genügend Kleider, die sie in einem solchen Ankleidezimmer hätten unterbringen können. Da aber auch sie nicht auf den praktischen Vorteil einer Garderobe verzichten wollten, griffen sie auf den Garderobenständer oder den Wandhaken zurück. Selbst in der Epoche der Industrialisierung, als die Arbeitergesellschaft am Rande des Existenzminimums lebte, war der Garderobenhaken nicht aus der Einrichtung wegzudenken. Er gehört neben Bett und Stuhl zur Grundausstattung jeden Zimmers.
Und heute?
Auch wenn sich manch einer von Zeit zu Zeit den Träumen eines begehbaren Kleiderschrankes hingibt, so sind Garderobenständer und -haken doch viel verbreiteter. Vor allem im Eingangsbereich heißen Garderoben sowohl Bewohner als auch Gäste willkommen, laden ein, abzulegen.
Moderne Designer zeigen, dass klare Formen und natürliches Material einem simplen Möbelstück eine außergewöhnliche Wirkung verleihen können. Eine besonders schöne Ausführung hat der dänische Designer Tom Raffield mit seiner Wandgarderobe COAT LOOP entworfen.